„Ich kann das nicht essen.“ „Wha… Why? But I’m a chef.“ „Ich kann das nicht essen.“ Nach einer gemeinsam verbrachten Nacht will Rens Date einfach weg. Dafür sucht sie keine Erklärung, sondern eine wiederholend schwachsinnige Ausrede. Ohne ein kurzes „Tschüss“ schleicht sie dann raus und lässt Ren mit dem gedeckten Tisch allein. Geht’s noch!? Die Webserie Mixed Messages im STRAIGHT-Mediencheck von Geraldine Schroeder.
Ich bin mitten drin in der Webserie „Mixed Messages“ („Gemischte Gefühle“) von Kanchi Wichmann. Und ich will wissen, wie es weitergeht, auf wen Ren, gespielt von Newcomerin Alana Lake, als nächstes trifft. Ren ist eine „London dyke“ in Berlin, Mitte 30, frisch gebackener Single und auf der Suche nach einer neuen Verbindung.
Single in Berlin. Wie schwer kann das sein?
Die Suche entpuppt sich als verwirrende bis verstörende Achterbahnfahrt. Sie dauert in der Serie 1 Jahr und für die Zuschauer etwa eine Spielfilmlänge und rauscht durch die alternative Queer-Szene in Berlin. In 10 Mini-Episoden begegnet Ren unterschiedlichen Menschen, die eins gemeinsam haben: Ihre Signale und ihr Verhalten sind sprunghaft und widersprüchlich. „Mixed Messages“ eben. Bei Ren löst das gemischte Gefühle aus.
Die beschriebene Frühstücks-Szene finde ich so komisch wie traurig. Komisch, weil der Satz „Ich kann das nicht essen“ so müheloser Non-Sense ist und traurig, weil die Szene eine Botschaft vermittelt, die sich durch alle Episoden zieht: Menschen fühlen sich nicht (mehr) verantwortlich für das, was sie sagen und tun. Sie sagen „ja“ und meinen „nein“. Sie gehen einfach. Und sagen nicht tschüss. Aber Ren bleibt positiv: Sie stürzt sich nach einem grotesken Date hoffnungsvoll ins nächste. Dabei probiert sie von Speed-Dating bis Bondage Workshop einiges aus.
Die Ex und ihre Altlasten
Neben neuen Bekanntschaften kommt es zu diversen Treffen mit einer alten Bekannten: ihrer Ex. Nach der Trennung hat sie noch Zeug von ihr bei sich rumliegen. Wer kennt es nicht? So kommt es im Verlauf der Serie immer wieder zu bizarren Übergaben – und Ren trägt ihre „Altlasten“ durch Berlin. Die Webserie lässt nicht nur Ren, sondern auch mich als Zuguckerin Szene für Szene mit „gemischten Gefühlen“ zurück. Und eine Frage drängt sich auf: Findet sie, wen oder was sie sucht??
Webserie Mixed Messages ist echte DIY Produktion:
Mein Gefühl, Ren irgendwie über die Schulter zu gucken, kommt nicht von ungefähr: Die Serie ist nach dem Do-It-Yourself-Prinzip produziert. Ein kleines Film-Team aus 5 Frauen, Close-ups auf die Gesichter der Figuren, Freunde und Bekannte der Filmemacherin Kanchi Wichmann spielen die Rollen. Auch die Drehorte sind Plätze, an denen sich die LGBT Community im „echten Leben“ trifft. „Mixed Messages“ ist deshalb vor allem eins: Direkt aus dem Leben, authentisch und sehr nah.
Wer könnte bei Mixed Messages hängen bleiben:
Wer offen für eine nicht geschönte Dating-Welt ist, die sehr direkt und mit Humor präsentiert wird. Wer auch mal gerne auf Englisch guckt. (Ich hielt den „Lauter-Knopf“ so lange gedrückt bis die Stimme in meinem Kopf doch gewann: „Dass du nicht alles verstehst, hat nichts mit der Lautstärke zu tun.“ Aber: einmal reingehört, macht die Serie Spaß!) Wer auf alternative, Independent Movies ohne Bling Bling steht. Wer Lust auf einen außergewöhnlichen Soundtrack hat. Wer Berlin näherkommen will. Wer vor „gemischten Gefühlen“ nicht zurückschreckt.
Hier könnt ihr die Serie sehen:
Bei OutTV, iTunes, Amazon Instant Video, Google Play, Videoload und JUKE oder erhältlich als DVD. Ein ausführliches Interview mit Drehbuchautorin und Produzentin Kanchi Wichmann in der aktuellen Ausgabe von STRAIGHT Magazine.
Headerfoto Pro-Fun Media