CSDs und Unternehmen

Karriere, We live

Written by Felicia Mutterer

28. Juli 2018

Zum ersten Mal ist STRAIGHT 2018 mit einem Truck beim Berliner CSD dabei. Das wird möglich durch eine Kooperation mit dem privaten Radiosender FluxFM und der Warsteiner Brauerei. Alleine könnten wir einen Wagen und die verbundenen finanziellen Aufwendungen nicht stemmen. Allerdings machen wir solche Partnerschaften mit Unternehmen auch nur, wenn wir vom Vorhaben überzeugt sind. Frei nach dem Motto: Es prüfe sich, wer sich binde. Das macht auch der Kölner CSD so. Ein Text, über die Zusammenarbeit mit Unternehmen.

FluxFM, der private Radiosender aus Berlin, früher sendete er auch in Stuttgart und Bremen, startete 2006. Seitdem steht das Programm für Indie, Elektro und Popkultur – und ist seit jeher ein Supporter einer diversen Gesellschaft. Das spiegelt sich im Radioprogramm wieder, wo auch stets Platz für queere Themen ist. Z.B. zur Fußball-WM. Wie geht es queeren Menschen in Russland?

Und was ist mit Warsteiner? Warum engagiert sich ein Unternehmen aus NRW, das seit 260 Jahren von der Familie Cramer, aktuell von Catharina Cramer #femaleLeadership, geführt wird beim 40. CSD Berlin? Patrick Forgacs, der Marketing Manager der Warsteiner Brauerei, erklärt es.

“Ganz im Sinne des CSD wollen wir mit unseren Partnern FluxFM und STRAIGHT sowie mit unseren Gästen auf und neben dem Truck sowie mit unseren DJs Tüllin Tekkal, DJ Gigola und Wolfram ein (regenbogen)-farbenfrohes, offenes und musikalisches Ausrufezeichen setzen: Für etwas was vor 39 Jahren als kleine, aber beeindruckende Demo mit 400 Teilnehmenden begann und heute ein mächtiges Signal für Freiheit und Menschenrechte ist.”

Der Truck von STRAIGHT, FluxFM und Warsteiner startet beim Berliner CSD mit der Nummer 51. Neben der Sichtbarkeit auf der Parade läuft eine Plakatkampagne von Warsteiner in der Berliner Innenstadt: „Für ein buntes Leben.“

 

Von einer Hauptstadt zur nächsten

Das immer mehr Unternehmen bei den CSDs dabei sind, zeigte sich auch in diesem Jahr schon beim größten deutschen CSD in Köln. Insgesamt waren es 170 Gruppen. 23 davon waren Firmen, unter ihnen acht Neulinge.

Ein Gespräch mit den Macher*innen der Cologne Pride/des Kölner CSD, zwei Mitgliedern des Vorstands Jörg Kalitowitsch und Ina Wolf des Kölner Lesben- und Schwulentag e.V. über die Rolle von Unternehmen bei der Parade.

Welche Unternehmen könnt ihr Ernst nehmen mit ihrem Engagement, welche nicht?

Ina: Unser Demoleiter Jörg Kallitowitsch hat mit allen Unternehmen bzw. deren Agenturen gesprochen, um im Vorfeld abzuklopfen, welche Intention dahinter steckt. Wir kennen auch viele LGBTIQ* Gruppen und Mitarbeiter*innen der jeweiligen Firmen persönlich und wissen daher aus erster Hand das Diversity nicht nur auf dem Papier steht sondern auch umgesetzt und gelebt wird.

Jörg: Einigen Firmen (deren Intention nicht deutlich genug in unserem Sinne war) habe ich deutlich gemacht, dass wir keine Plattform für sie sein wollen. Einige Unternehmen haben daraufhin auch von einer Teilnahme abgesehen. Im Vorfeld läuft hier also schon ein „Abklopfen“, von daher können wir alle teilnehmenden Firmen Ernst nehmen.

Was hat sich in den vergangenen Jahren aus eurer Sicht verändert?

Jörg: Wir haben deutlich weniger, bis fast keine „klassiche“ Partytrucks mehr von kommerziellen Anbietern, wie z.B. Wiener Steffie. Und auch eine positive Entwicklung hin zur Darstellung der Diversity-Netzwerke der jeweiligen kommerziellen Firmen. Es gibt nicht mehr die klassische „Produktwerbung“.

Trotzdem, es sind viele Unternehmen am Start. CSD – eine fortschreitende Kommerzialisierung?

Jörg: Generell ist ein so großes Event ohne finanzielle Unterstützung nicht zu stemmen. Wir nehmen die Anbieter, die es sich leisten können aber in die Pflicht, deren Darstellung vorher abnehmen zu lassen, eine maximal zulässige Werbefläche darf nicht überschritten werden. Darüber hinaus quer subventionieren wir die Wagenumlage von Vereinen und Organisationen mit den Umlagen der kommerziellen Anbieter, was gerade für kleinere Vereine die Möglichkeit eröffnet, auch mit einem Wagen teilzunehmen.

Ina: Die Demonstration ist sicherlich ein Höhepunkt des Cologne Prides, allerdings gibt es in den zwei Wochen vor dem finalen Wochenende über 90 politische, kulturelle und informative Veranstaltungen mit einer riesigen Bandbreite aus der gesamten Community. Das wird von den Kritkern die die CSD´s immer gern als kommerziell und unpolitisch kritisieren, gerne unter den Tisch fallen gelassen. Das ist in Europa ziemlich einzigartig. 60 Stunden Bühnenprogramm werden drei Tage auf drei grossen Plätzen mitten im Herzen von Köln geboten, es gibt jede Menge Infostände von Politik, kleinen bis grossen Vereinen. Wir sind nach dem Karneval die zweitgrösste Veranstaltung in Köln und haben dieses Jahr am Sonntag an die 1,2 Millionen Besucher gehabt. Dementsprechend können wir mit unseren Botschaften und Forderungen durch eine auch in diesem Jahr grosse Medienpräsenz politisch viel Mehr erreichen. Dabei darf nicht vergessen werden das alles von ein paar Vorständen und über 300 Ehrenamtler*innen unter grossem Aufwand gestemmt wird.

Warum ist es gut, dass vermehrt Unternehmen dabei sind?

Jörg: Um deutlich zu machen, dass das Thema Diversity auch ein wichtiges Thema bei der Mitarbeiter*innenauswahl und umgekehrt auch bei der Auswahl des Unternehmens ist, wo Menschen arbeiten wollen.
Ina: Immer noch ist es in vielen Firmen schwer sich mit seiner_ihrer* sexuellen Identität zu outen oder auch zum Beispiel sich als HIV-Positive*r. Mobbing ist immer noch alltäglich, da ist es schon ein unterstützender Moment wenn Firmen die Regenbogenflagge leben und an den CSD´s in Deutschland teilnehmen.

Warum ist es schlecht, dass vermehrt Unternehmen dabei sind?

Jörg: Da unsere Regularien zur Darstellung der Gruppen recht „deutlich“ sind und funktionieren, finden wir nichts schlecht an der Darstellung.
Ina: Die LGBTIQ-Szene ist kritisch genug sich nicht durch Pinkwashing vereinnahmen zu lassen. Gegebenenfalls müssen Firmen dann auch mit der Kritik leben, wenn sie sich schon auf der Cologne Pride Demonstration präsentieren.

Welche Firmen waren beim CSD in Köln schon öfter dabei?

Johnson & Johnson
Prince Gilden
ABSOLUT SEXY
Bayer Blend
Come-Together-Cup/Fliegende-Pillen/Birkenapotheke
Deutsche Bank AG Köln
Diversity@AXA
Ford GLOBE
GLAD (Gay Lesbian Bisexual Transgender-)Netzwerk bei Daimler / Diversity Daimler
REWE Group di.to.
Sparkasse KölnBonn
sparstrom.de

Nach der Parade zum 40. CSD in Berlin wird ab 18 Uhr in der Chausseestraße 131 gefeiert, bei der STRAIGHT Box Pride Edition.

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