Lesbe Undercover im Job

Kolumne

Written by Felicia Mutterer

21. Juni 2018

Offen und natürlich auf Frauen zu stehen, das ist doch heute kein Problem mehr?  Von wegen! In unserer Reihe Lesbe Undercover erzählen Frauen, warum ihre Liebe zu Frauen ein Geheimnis ist. 

Wer bist du?

Ich bin 36 und eine Frau, die in der Beratung arbeitet.

Seit wann weißt du, dass du auf Frauen stehst?

Als ich Mitte 20 war, habe ich mich zum ersten Mal in eine Frau verguckt.

Was zieht dich zu Frauen hin?

Selbstständigkeit. Mich zieht auch ganz grundsätzlich an, dass Frauen nicht so Wichtigtuer sind. Gerade sitze ich am Flughafen und denke, sehe: Die Jungs haben ihre Statuskarten sichtbar am Koffer oder sonst wo hängen, bei den Frauen sind sie dagegen diskret in der Handtasche aufbewahrt.

Inwiefern bist du damit immer straight, klar umgegangen?

Dass Männer sind, wie sie sind? Leider nie. Dabei nervt, dass Männer – zumindest in meiner Branche, die sehr männerdominiert ist – ständig Ideen klauen und sich damit dann ungeniert brüsten.

Welche Rollen spielen Männer in deinem Leben?

Ich würde heute auch noch Männer daten, wenn es sich ergeben würde. Im Moment ist da nur weit und breit niemand und ich muss schon zugeben: mich langweilen Männer oft. Das war früher anders. Ich hatte viele Jahre einen Freund, mit dem ich auch zusammen lebte, als ich zum ersten Mal mit einer Frau zusammen war. Ich habe ihn total geliebt, aber nachdem ich das erste Mal mit einer Frau Sex hatte, wusste ich, genau das ist es, was ich will. Das war wie eine Erleuchtung, eine Offenbarung. Leider habe ich lange gebraucht, dass auch für damals klar zu haben und ehrlich mit ihm umzugehen.

Wer weiß, dass du Frauen liebst?

Meine Familie und meine guten Freunde wissen das.

Wer weiß es nicht?

Mein Arbeitgeber und überhaupt alle im Job.

Warum soll das nicht jeder wissen?

Da sitzen zu viele alte Männer, die das Sagen haben. Klingt jetzt doof: Mit denen muss ich spielen. Das ist inhaltlich schon nicht ganz leicht, weil sie zum Teil nicht mehr zeitgemäß arbeiten, aber noch immer denken, dass sie der Hero sind und meine Expertise manchmal nicht wertschätzen. Mit meinem persönlichen Ding, dass ich auf Frauen stehe, habe ich kein Lust noch mehr Möglichkeiten zu bieten, nicht ernst genommen zu werden. Außerdem ist es hilfreich, wenn die alten Kerle sich manchmal attraktiv fühlen. Bei einem Abendessen (ohne Sex danach!) machen sich Geschäfte hin und wieder besser. Es ist nun mal so: Wenn zwei Komponenten zusammen kommen – was in der Birne haben und nett aussehen, dann sind die Männer oft schon angefixt.

Stresst dich das?

Nee. Manchmal muss ich nur vorsorgen, falls Kollegen*innen und Freund*innen aufeinandertreffen. Dann sage ich zu meinen Lieben: Ihr wisst, die wissen nix von Frauen!

Generell nerven mich solche Beschwerden, dass Frauen in Führungspositionen so hart sind. Aber anders hat man gegen solchen männlichen Strukturen gar keine andere Chance nach oben zu kommen. Manchmal bin ich die einzige Frau an einem Tisch mit Männern. Was ein Penisfechten zum Teil!

Was müsste passieren, damit jeder Bescheid wissen darf, dass du mit einer Frau zusammen bist?

Ich müsste Chefin werden und es müsste eine andere Denke bei Männern geben. Wahrscheinlich würde das aber auch nicht reichen. Eigentlich habe ich keinen Bock es beim Job zum thematisieren.

Weiteres Interview mit einer Lesbe Undercover

 

Headerfoto von Pexels von Tookapic

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