Wie die Gefängnisserie Orange Is The New Black die wahre Geschichte der Amerikanerin Piper Kerman erzählt, die Liebe zweier Frauen in eine sensibel aufgearbeitete Story bannt und „queer love“ in die Mitte des Mainstreams holt. Mit riesigem Erfolg. Mittlerweile ist die US-Serie in der fünften Staffel angekommen. Ein Blick zurück zu den Anfängen von Piper als frauenliebende Frau.
Piper Chapman (Taylor Schilling) ist Mitte 30, gebildet, attraktiv und gerade frisch mit dem ebenso gebildeten und attraktiven Journalisten Larry (Jason Biggs) verlobt. Doch dann muss sie ihre 15-monatige Haftstrafe wegen Schmuggels von Drogengeld antreten. Piper Chapman ist im wahren Leben Piper Kerman. „Orange is the new black New Black – Mein Jahr im Frauenknast“ heißt ihre Autobiographie, die Regisseurin Jenji Kohan (u.a. Weeds, Will & Grace) als Vorlage für ihre Serie „Orange is the new black“ diente. Ein Unterschied: Während queere Beziehungen nur am Rande von Piper Kermans Buch stattfinden, sind sie bei Kohan zentraler Punkt.
Und das ist Kermans Geschichte: Während ihre Mitstudenten `92 das College verließen, blieb Kerman, Tochter einer privilegierten New Yorker Familie, weiter in der Nähe des Campus von Northhampton. Sie zog in eine WG, nahm einen Job als Kellnerin in einer Kneipe an. Eines Abends stand Nora Jansen (in der Serie Alex Vause) vor ihr. Klein, mit rauher Stimme, ein bisschen Eartha Kitt Lookalike, die sich mit einer Gruppe cooler mittdreißiger Frauen umgab. „Ich arbeite übrigens für ein Drogenkartell“ – Nora Jansen war big im Business, tough und ziemlich umwerfend. „Ich wollte ein Abenteuer und Nora hatte eins im Angebot“, erzählt Piper Kerman später. Es folgte eine heiße lesbische Affäre. Die beiden wuchsen zusammen, lebten gemeinsam in Noras Haus, führten eine Beziehung. Eines Tages bat Nora Piper mit ihr zu reisen, einen Koffer Drogengeld zu transportieren. Alles ging gut. Als Piper jedoch Drogen schmuggeln sollte, stieg sie aus und brach alle Bande mit Nora. Fünf Jahre später, an einem sonnigen Morgen im Mai, standen dann plötzlich zwei Polizisten vor ihrer Tür und informierten Piper Kerman, dass sie wegen Drogenschmuggels und Geldwäscherei angeklagt würde. Ohne Widerspruch erklärte Kerman sich schuldig. Weitere sechs Jahre später trat sie die Haftstrafe an. Gerade läuft die fünfte Staffel der US-Erfolgsserie „Orange is the new black“ beim Streamingdienst Netflix an.
Orange Is The New Black – die fünfte Staffel
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Die bekannten Charaktere sind wieder dabei. Natürlich Piper und Alex, aber auch Crazy Eyes oder Big Boo. Die Figur wird gespielt von der Comedian Lea DeLaria, die schon in den 80ern offen mit ihrer Homosexualität umging und das Thema Lesbisch sein seit jeher in ihren Stand-Up Programmen auf die Bühne bringt.
Wie immer erzählt die Serie auch in der aktuellen Staffel von Liebe, vom Leben und den Problemen einer Gruppe von Frauen am Rande der Gesellschaft. Mal bietet sie Comedy, mal Drama. Mal ist die Story sanft, mal hart. Gefühlvolle Liebesszenen gibt es genau so wie roughe Sexszenen. Alles stets gebannt in ein fesselndes Storywriting mit einem zunächst schier unüberschaubaren Charaktergemenge. Doch das lüftet sich alsbald – und dann lässt es nicht mehr los. „Das war kein Abenteuer, das war mein Leben“, sagt Piper in einer der ersten Folgen. Sie sitzt auf der Bettkante einer Schlafpritsche. Motten und Staub haben die Zeichen der Zeit in die dünnen Fetzen gefressen, die einmal eine Wolldecke waren, dem Zeugen unendlicher, einsamer Nächte. Sie streicht mit der Hand über den kratzigen Stoff, ihr Blick verliert sich im trüben Raum. „One sentence, two prisoners“, titelt der erfolglose Verlobte, der seine Chance bekam und aus Pipers Geschichte einen hoffnungslos pathetischen Artikel einer vermeintlichen Jugendsünde machte. Es ging hier schließlich um ein paar Zeilen in der New York Times.
Nun sitzt sie dort, umgeben von den kubenartigen, halbhohen, grauen Trennwänden der Schlafeinheit im Camp des Correction Institutes Litchfield, und die schmalzigen Silben klingen ihr noch in den Ohren. Alex (Laura Prepon) nimmt ihre Hand und für einen Moment kehrt die Vertrautheit zurück, die sie einst verband. Was für die konservative Umwelt von Piper Chapman eine Flause, ein sexueller Schlenker war, ist für sie ein fester Teil ihres Lebens. Eine Liebe, wie nur wenige. Kein loser Sex oder eine lesbische Phase.
Tatsächlich gelingt es Jenji Kohan mit filigranem, sensiblem – und nicht selten auch gekonnt derbem – Federstrich die Liebeswelt ihrer Charaktere gefühlvoll nachzuzeichnen.
Doch was Orange Is The New Black zum progressiven Vorreiter macht, ist nicht nur die Vereinigung der sogenannten „LSBTTIQ“ Gemeinschaft (lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, transsexuelle, intersexuelle und queere Menschen). Es ist die Verarbeitung der Geschichten aller Gruppen, die durch sexuelle Orientierung, Geschlechtsorientierung und kulturelle Ausgrenzung am Rande der Gesellschaft stehen. Der amerikanische Kolumnist Dan Savage benennt eine weitere Errungenschaft der Serie: „Straighte Menschen waren nicht in der Lage, sich in die Rolle homosexueller Charaktere zu versetzen. Die Kluft war zu groß…Ich glaube, das ändert sich jetzt“. Versehen mit einer verträglichen Portion Hollywoodglanz – nicht zuletzt durch ihre Hauptdarstellerinnen Taylor Schilling und Laura Prepon hat Orange Is The New Black so erfolgreich „queer love“ zurück auf das Mainstreamparkett der TV-Welt gebracht.
Die fünfte Staffel von Orange Is The New Black ist ab dem 9. Juni auf Netflix zu sehen.
Text: Irina Jäger /STRAIGHT Redaktion